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Der unerwartete Wert der Flexibilität

In dieser Folge erkunden wir, wie eine ausgewogene Mischung aus Struktur und Anpassungsfähigkeit zu unerwartetem Erfolg führen kann.

Erfahren Sie in dieser Folge:

  • Wie agile und adaptive Ansätze in der heutigen schnelllebigen und komplexen Welt zu besseren Ergebnissen führen können.
  • Wie man das richtige Gleichgewicht zwischen zu viel und zu wenig Planung findet, um Chancen zu ergreifen, ohne ins Chaos zu stürzen.
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Sie haben Fragen und Anregungen?

Dann schreiben Sie mir gerne eine Nachricht an: thomas.kapp@allscout.de

 

Oder wenn Sie lieber lesen möchten, geht es hier weiter mit dem Text zum Podcast.

Herzlich willkommen allseits. Ich begrüße Sie zu unserer neuen Folge von Startrampe Erfolg – Wo ist mein Zünder? Heute sprechen wir über den noch fehlenden dritten Aspekt der Planung, nämlich die Flexibilität.

Bevor wir uns diesem spannenden Thema zuwenden, noch ein Hinweis in eigener Sache: Nun ist es raus: Mein neues Buch mit dem Titel „DENKBUCH Erfolg“ ist gerade erschienen und in allen Buchhandlungen, bei Amazon und überall, wo es Bücher gibt, erhältlich. 

Das DENKBUCH Erfolg verschafft für alle Leserinnen und Leser tiefgehende, neue Einsichten und oft eine Vergrößerung ihres Bewusstseins rund um das Thema „Erfolg“. Das Buch ist für alle, die diesen BLOG schätzen und lieben. 

Das DENKBUCH stellt Fragen, bietet aber auch Orientierung. Neben grundsätzlichen Fragestellungen ist das Buch gespickt mit Geschichten, Beispielen, Zitaten sowie zahlreichen praktischen Anregungen für eine erfolgreiche Bewältigung unseres Alltags.

Wenn dieser BLOG Sie angesprochen hat, ist es fast ein Muss, das Buch zu lesen.

Und nun zurück zur heutigen Folge unseres BLOG. 

Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte:

Wir alle kennen die Schlacht bei Waterloo, die zur endgültigen Niederlage von Napoleon geführt hat. Einen Anteil an dieser Niederlage weisen Historiker dem General Emmanuel de Grouchy zu. Napoleon hatte ihm im Laufe des Schlachtgeschehens den Auftrag erteilt, den preußischen General Blücher zu verfolgen und zu schlagen. Allerdings verfolgte Grouchy diesen Plan so rigoros, dass er trotz des zu hörenden Kanonendonners bei Waterloo nicht dorthin eilte, sondern weiter vergebens versuchte, Blücher irgendwo abseits des Kampfgeschehens zu finden. Der war jedoch schon längst in Waterloo eingetroffen. So ging die Schlacht bei Waterloo für die Napoleon verloren, weil Grouchy die Franzosen nicht mit seinen Mannen unterstützen konnte.

Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?

Wenn man sich mit dem Thema „Planung“ befasst, trifft man auf die „Plan-Fetischisten“ („Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch.“ − Larry Elder) und die „Plan-Nihilisten“ („Die Planer planen, und das Schicksal lacht darüber.“ − Mohammed). Die einen wollen alles planen, die andern gar nichts. Die Wahrheit liegt wie so oft meist in der Mitte.

Wir können somit unterscheiden:

  • die „starre“ Planung, die alles minutiös plant, jedoch bei jeder Abweichung während der Planumsetzung zum Improvisieren gezwungen ist,
  • die „chaotische“ Planung, die alles dem Zufall überlässt – und somit keine Planung im eigentlichen Sinne ist,
  • die „flexible“ Planung, die bereits Raum für Flexibilität antizipiert oder jedenfalls für Altenativverläufe vorbereitet ist. 

 

Und damit kommen wir zum 3. Aspekt der Planung: Planung versus Flexibilität 

Jenseits aller Planbarkeit wird es immer nicht antizipierte Abweichungen im realen Verlauf der Dinge geben, die eine spontane Flexibilität erfordern. Daher muss auch der beste Plan ad hoc geändert werden können. Schon der alte General Helmuth von Moltke stellte fest: „Kein Operationsplan reicht mit einiger Sicherheit über das erste Zusammentreffen mit der feindlichen Hauptmacht hinaus.“ Planung und Flexibilität stehen in einem komplementären Verhältnis der Ergänzung und sind nicht als Widerspruch anzusehen. Und wir sollten stets die Sinnhaftigkeit eines Plans im Auge behalten: „Der Mensch beherrsche den Plan. Nicht umgekehrt.“ (Raymond Walden)

In unserer immer komplexeren und schnelllebigen Welt wird es immer wichtiger, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Planung und Flexibilität zu finden. Oft werden Lösungswege erst in einem Prozess von Kreativität und Experiment gefunden. Ein solcher „Planungs-Prozess“ heißt Änderungen bewusst willkommen. Agile Management, SCRUM und ähnliches stehen für diese Denkweise. Agile Prozesse sind iterativ. Sie richten sich auf kurzfristige Ergebnisse aus. Sie sind anpassungsfähig im Hinblick auf die empirisch gemachten Erfahrungen und Entdeckungen sowie sich ggf. veränderte Rahmenbedingungen. Auftraggeber erhalten mehr kleinere Zwischenergebnisse und können den Gestehungsprozess ihrer Endprodukte mit beeinflussen. Fehler werden schneller erkannt und können zeitnah kurzfristig korrigiert werden. Wir dürfen daher nicht slavisch an der Grundidee der retrograden Antizipation, wie wir sie im letzten Podcast kennengelernt haben, festhalten. 

Die Notwendigkeit für Flexibilität ergibt sich heute in vielen Situationen, wie z.B. bei: 

  • geplanten Planlücken,
  • unbeabsichtigten Planlücken (Flexibilität muss dann diese Lücken im Zuge einer positiven „Fehlerkultur“ füllen),
  • Situationen, in welchen die Dinge anders verlaufen als geplant,
  • Situationen, in welchen Ziele oder Risiken überhaupt nicht planbar sind (z.B. inkrementelle Produktionsprozesse, Agile Management),
  • Krisen und Scheitern des ursprünglichen Plans.

 

Dabei kann ein Plan bewusst bereits Planlücken lassen, um Raum für spätere Flexibilität zu schaffen (z.B. in einem Reiseprogramm wird ein Tag zur freien Verfügung belassen; mein Arbeitstag im Büro war im Regelfall so geplant, dass ich noch ca. 2 Stunden für Unvorhergesehenes als „Puffer“ hatte). Der Plan kann aber auch sehr genau planen und wird durch die tatsächliche Entwicklung überholt. In diesem Fall entsteht eine planwidrige „Lücke“, welche das flexible Handeln ausfüllen muss.

Die Frage, in welchem Verhältnis Planung und Flexibilität zueinanderstehen, ist nicht einfach zu beantworten. Daher sagt auch Dwight D. Eisenhower: “Plans are worthless, but planning is everything.” Grundsätzlich könnte man über Planung sagen: So viel wie nötig und so wenig wie möglich. Dieser klassische Grundsatz des Maßhaltens lässt Raum für Flexibilität und bewahrt davor, in einen Perfektionswahn zu verfallen. Es wird immer Fehler geben − in der Planung und in der Umsetzung. Absolute Perfektion wird es nie geben und wir sollten sie daher auch nicht anstreben. Und: Menschen sind Individuen und haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wieviel Planung bzw. Flexibilität für sie passt. Manche halten Planung/Ordnung recht hoch, manche sind flexibel/spontan. Dadurch wird das Verhältnis von Planung zu Flexibilität stark beeinflusst. Entscheidend ist, dass Menschen mit dem von ihnen gewählten Verhältnis in ihrer Lebenspraxis klarkommen: It is fine, if it works.

Planung und Flexibilität haben grundsätzlich unterschiedliche Funktionen im Zusammenhang mit der Erreichung von Zielen. 

Die Planung steht für Basis, Routine, Sicherheit, Kontrolle und ist damit quasi das „Standbein“ beim Streben nach einem Ziel. Flexibilität hingegen steht für Überraschung, Dynamik, Unsicherheit, Abenteuer und ist damit quasi das „Spielbein“ beim Streben nach einem Ziel. 

Oder anders formuliert: 

Die Planung reagiert auf alles, was (vor unserem geistigen Auge) passieren könnte

Die Flexibilität reagiert auf alles, was tatsächlich passiert, und zwar im Widerspruch zu unserer Antizipation. In dieser Situation muss eine angemessene Reaktion während der Umsetzung des Plans auf meist überraschend eintretende Umstände erfolgen. Dann ist spontanes Reaktionsvermögen, Kreativität und Flexibilität gefragt. Dies bedeutet, dass die Flexibilität eine umso größere Bedeutung gewinnt, je mehr man in einer bestimmten Situation mit Unvorhersehbarem und Überraschendem rechnen muss. Umgekehrt ist Planung umso wichtiger, wo Abweichungen vom Plan nicht Anpassung, sondern Unsicherheit und Gefahr bedeuten (z.B. beim Bau eines Flugzeugs). 

Wo Erfahrungen vorhanden sind, werden diese oft eine Vorgabe machen, was sinnvollerweise geplant wird und was nicht. Häufig gibt es einfach technische Standards, die einzuhalten sind. 

Beispiel:

Bei einem Transatlantik-Flug wird von der Crew und dem Bodenteam eine minutiöse Planung und Vorbereitung des Flugs erwartet, weil man hier wenig dem Zufall überlassen möchte. Fährt man dagegen an einen Urlaubsort, den man schon seit 10 Jahren besucht, kann man die Planung deutlich lässiger angehen lassen. 

Was passiert, wenn das Verhältnis nicht ausgewogen ist?

Wenn Planung und Flexibilität nicht ausgewogen sind, führt das immer zum Verpassen von Chancen und damit weniger Erfolg. Es gibt dabei zwei Möglichkeiten:

Zu viel Planung bzw. zu wenig Flexibilität führen zu mangelnder Anpassungsfähigkeit und damit zum Verpassen von Chancen, weil man auf Neues und Unerwartetes nicht spontan genug reagieren kann. Dafür hat man mehr Fokus, Zielstrebigkeit, Effizienz und (vielleicht) mehr Sicherheit. Wer im Urlaub zu viel plant, wird daher sich spontan ergebende Erlebnisse oft verpassen. 

Zu wenig Planung bzw. zu viel Flexibilität bringen zwar mehr Anpassungsfähigkeit, führen aber ebenfalls zum Verpassen von Chancen (weil man z.B. auf einer Reise mangels Vorbereitung von bestimmten Chancen gar keine Kenntnis oder zu wenig Zeit zum Erkunden hat). Außerdem leiden Fokus, Zielstrebigkeit und Effizienz, dafür gibt es mit Sicherheit mehr Abenteuer (einschließlich unangenehmer Überraschungen). Wer im Urlaub zu wenig plant, wird ggf. mit dem Jeep auch einmal mit Plattfuß oder leerem Tank in der Wüste steckenbleiben.

Es kann sein, dass sich Pläne ändern müssen, aber wir können nicht auf Planung gänzlich verzichten. Weder der „Total-Plan“ noch die vollständige „Planlosigkeit“ sind eine langfristige Lösung – weder privat noch beruflich. Auch hier zeigt sich, dass Planung und Flexibilität komplementär zusammenwirken müssen. Sie widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich. Der Erfolg liegt somit in der richtigen Balance von Planung und Flexibilität.

Für heute sind wir damit fast am Ende. Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.

Das Zitat stammt heute von John Lennon:

“Life is what happens to you while you’re busy making other plans.” 

Und die persönliche Frage für Sie lautet:

– Was ist Ihre Balance zwischen Planung und Flexibilität?

In der nächsten Folge sprechen wir über etwas, was wir alle scheuen: den Faktor Risiko.

Bis dahin verbleibe mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp

Dr. Thomas Kapp

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