Erfolg – Glücksbringer oder nicht?
Würden Sie Erfolg auch anstreben, wenn er Sie unglücklich macht? Eine nicht ganz einfache Frage? Sind Sie neugierig geworden? Dann hören Sie rein in diese Podcast Folge.
Erfahren Sie in dieser Folge:
Erfolg und Glück – Hängt das wirklich zusammen?
Jammern hilft nicht.
Wonach sollten wir zuerst streben – Erfolg oder Glück?
Sie haben Fragen und Anregungen?
Dann schreiben Sie mir gerne eine Nachricht an: thomas.kapp@allscout.de
Oder wenn Sie lieber lesen möchten, geht es hier weiter mit dem Text zum Podcast.
Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte:
Sicher kennen Sie das Märchen „Hans im Glück“ von den Gebrüdern Grimm. Kurz zusammengefasst ist der Inhalt wie folgt: Hans bekommt als Lohn für seine langjährige Arbeit einen Klumpen Gold. Diesen tauscht er auf seinem Nachhauseweg immer wieder ein, und zwar nach konventionellem Verständnis jedes Mal mit einem Wertverlust (den Goldklumpen gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh, die Kuh gegen ein Schwein, das Schwein gegen eine Gans, die Gans gegen einen Schleifstein). Zuletzt fällt ihm der Stein beim Trinken in einen Brunnen. Doch Hans ist glücklich, die schwere Last nicht mehr tragen zu müssen. Interessanterweise empfindet sich Hans als glücklichen Menschen.
Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?
Manche verstehen dieses Märchen vom Hans im Glück dahingehend, dass man sich im Leben nicht über den Tisch ziehen lassen soll. Aber vielleicht ist Hans zwar nicht erfolgreich, aber glücklich. Stellen Sie sich daher bitte einmal die Frage, ob Sie Erfolg auch dann anstreben wollen, wenn er Sie unglücklich macht oder ob Sie lieber glücklich sind, wenn auch ohne großen Erfolg. Tough question, denn vielfach wird Glück und Erfolg gleichgesetzt oder zumindest in einen monokausalen Zusammenhang gesetzt: Erfolg macht glücklich. Diese Aussage kann einigen Stress bereiten. Denn nicht selten wird uns der Eindruck vermittelt, dass unser persönliches Glück von unserem Erfolg abhängt. Ein solch übersteigerter Erfolgsbegriff scheint viele von uns zu unglücklichen Verlierern zu machen.
Ich meine, Erfolg führt nicht immer zum Glück − und Glück setzt nicht immer Erfolg voraus. Zwar ist manches Glück vom Erfolg abhängig, z.B. wenn unsere Fußballnationalmannschaft eine Welt- oder Europameisterschaft gewinnt. Und doch ist das keine lineare, zwangsläufige Abhängigkeit. Manchmal wird uns Glück einfach geschenkt: Ein Kinderlächeln, eine zärtliche Umarmung, ein fantastischer Sonnenuntergang, der vierte Satz von Beethovens 9. Sinfonie, die Begegnung mit einem inspirierenden Menschen oder einfach gelebte Liebe. Wir müssen nicht immer aktiv sein für unser Glück. Glück wird uns nicht selten einfach so geschenkt. Manchmal macht uns der Anblick einer Rose oder eines schlafenden Hundes glücklich, und manchmal müssen wir einfach innehalten und den Ausblick von einem Berggipfel genießen. Hier begegnet uns das Glück in der Form des Seins, nicht im Tun, es begegnet uns in der Form der Kontemplation, nicht in der Aktion. In Folge 4 dieses Podcasts haben wir bei der Abgrenzung von Erfolg und Leistung bereits gesehen, dass Erfolg zwar immer eine Leistung voraussetzt. Heute können wir sehen, dass es Glück auch ohne Vor- oder Gegenleistung gibt. Da haben wir nochmals Glück gehabt!
Zudem ist Erfolg kein Garant für Glück. Es gibt viele Beispiele von Menschen , die „nach außen hin“ sehr erfolgreich sind, „nach innen hin“ jedoch totunglücklich. Marylin Monroe und Elvis Presley sind hierfür tragische Beispiele.
Drehen wir den Leitsatz des Mainstreams jedoch um, wird ein Schuh daraus. Wenn Erfolg nicht immer zu Glück führt, so gibt es wohl den umgekehrten Zusammenhang: Glück bzw. eine positive mentale Einstellung sind eine Voraussetzung von Erfolg, d.h., wer glücklich ist, hat auch Erfolg. Manche sagen sogar, Glück sei eine mentale Gewohnheit. Glückliche Menschen ziehen damit auch Erfolg an. Das ist der berühmte „Gustav-Gans-Effekt“ – oder heute auch gerne Serendipität genannt.
Wie hängen nun Erfolg und Glück zusammen?
Damit gelangen wir zu den vier Dimensionen, wie Glück und Erfolg zusammenhängen können:
– Glück durch Erfolg (Beispiel: Sieg bei einer Weltmeisterschaft),
– Glück ohne Erfolg (Beispiel: Das Lächeln eines Kindes),
– Erfolg durch Glücklichsein (Gustav-Gans-Phänomen),
– Erfolg ohne Glück = Erfolg bringt kein Glück oder gar Unglück (Marylin-Monroe-Phänomen).
Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen Erfolg und Glück: Für den Erfolg zählt die Zielerreichung. Diese ist wichtiger als der Weg. Anders ist es beim Glück: Hier zählt der Weg, nicht das Ziel. Damit sind wir bei dem Motto von Konfuzius: „Der Weg ist das Ziel“, welches bei manchen Menschen immer wieder Verwirrung stiftet. Bei diesem Motto geht es darum, dass das Beschreiten des Weges schon ein wichtiger Teil des Erlebnisses ist und nicht erst der letzte Schritt vor dem Gipfelkreuz! Hier geht es um Präsenz und darum, dass jede Sekunde in unserem Leben wertvoll ist und nicht nur die fünf Minuten auf dem Gipfel. Konfuzius sprach daher über das Glück, nicht den Erfolg! Und vergessen wir nicht: Wenn wir eines Tages sterben, können wir vielleicht unsere Erinnerungen, aber nichts Materielles und auch nicht unsere Erfolge mitnehmen!
Daher sollten wir uns häufiger klarmachen, welches Glück wir suchen und welche Rolle Glück in unserem Leben spielt! Wenn wir also zu dem Ergebnis kommen sollten, dass unser Erfolg uns nicht glücklich macht, sollten wir zumindest innehalten. Dann sollten wir uns fragen, ob dieser Preis für unseren Erfolg angemessen ist. Diese Frage können Sie nur selbst ganz persönlich beantworten. Vielleicht halten Sie es ja auch mehr mit Albert Einstein, der sagte: „Versuche nicht, ein erfolgreicher, sondern ein wertvoller Mensch zu werden.“
Das sind Fragen, bei denen Sie nach der Lektüre dieses Kapitels vielleicht etwas verweilen sollten, denn für viele Menschen ist das nicht so ganz klar, einfach deshalb, weil es keine einfachen Fragen sind − und es auch keine einfachen Antworten gibt! Ich bin der festen Überzeugung, dass nach Ihrer persönlichen Klärung dieser Fragen in Ihrem Leben einige Probleme verschwinden, neue Perspektiven und Lösungen auftauchen und sich vieles deutlich einfacher und klarer darstellt.
Und noch ein wichtiger Punkt: Wenn es einmal nicht so gut läuft, neigen wir gerne dazu, zu jammern. Das ist emotional sogar noch verständlich – oft wird uns dann von anderen Zuneigung, Verständnis und menschliche Wärme zuteil. Das ist ein kleiner Sekundärgewinn, mehr allerdings nicht. Beim Thema „Jammern“ kommen wir zu einer Gemeinsamkeit von Erfolg und Glück: Jammern hilft uns weder beim Erfolg noch beim Glück! Dennoch gibt es einen Unterschied, den wir nicht unterschätzen sollten.
Denn beim Erfolg hilft uns aus dem Jammertal nur, wenn wir handeln! Und ins Handeln kommen wir nur, wenn unser Fokus auf ein neues Ziel oder eine Lösung gerichtet ist. Jammern ist aber genau das Gegenteil, es lenkt unseren Fokus und unsere Energie auf das, was nicht funktioniert, auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft. Wer jammert, der lenkt seinen Fokus auf das Problem und verschwendet seine Energie im Klagen und Jammern. Konsequenterweise hat er auch keinen Fokus auf eine Lösung und schon gar keine Energie, diese Lösung anzustreben. Jammern ist daher Energieverschwendung! Von Georg Christoph Lichtenberg gibt es den schönen Aphorismus: „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll“. Wenn wir Erfolg anstreben, hilft uns daher nur das Handeln aus der Misere. Erfolg ist eine Handlungsqualität!
Da Glück keine Leistung voraussetzt, können wir Glück häufig durch einen Bewusstseinswandel erfahren. Glück ist eine Seinsqualität! Wenn wir Glück anstreben, hilft uns daher häufig eine Änderung unseres Bewusstseins aus der Tristesse. Nur wenn uns das nicht ausreicht, müssen wir etwas tun! Im Endeffekt muss also unsere Losung für unser Glück lauten: Sei zufrieden oder tue etwas!
Für heute sind wir damit fast am Ende. Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.
Das Zitat stammt heute von Albert Schweitzer:
Nicht Erfolg ist der Schlüssel zum Glück, sondern Glück der Schlüssel zum Erfolg. Wenn du gerne tust, was du tust, wirst du auch erfolgreich sein.
Und die persönliche Frage für Sie lautet:
Stehen manche Ihrer Erfolge Ihrem Glück eher im Wege?
Gehen Sie in sich und finden Sie eine persönliche Antwort!
Viel Spaß dabei!
In der nächsten Folge sprechen wir über ein ganz anderes tiefgründiges und rätselhaftes Phänomen: Unser Bewusstsein!
Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp
Dr. Thomas Kapp
Chopinstraße 23
70195 Stuttgart