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Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte, heute eigentlich mehr mit einem Experiment:
Stellen Sie sich vor, Sie würden einmal auf ihrem Teppich in Ihrem Wohnzimmer auf einem imaginären 30 cm breiten Streifen über eine Strecke von 8 m gehen, ohne außerhalb der Streifenbegrenzung aufzutreten. Ist das ein Problem? Sicher nicht. Nun stellen Sie sich vor, Sie würden im Gebirge bei Windstille auf einem 30 cm breiten, ebenen Berggrat 10 m ohne Geländer laufen müssen und es ginge links und rechts jeweils 1.000 m senkrecht in die Tiefe. Für die meisten von uns wäre diese Situation etwas anders als die erste im Wohnzimmer? Oder sehen Sie das anders?
Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?
Unsere Gedanken produzieren nicht immer Positives, ja, wenn wir ehrlich sind, dann tummeln sich meist eher negative und hemmende Gedanken in unserem Kopf. Und damit sind wir bei unseren mentalen Beschränkungen. Der Mensch hat seit grauen Urzeiten eine Defizitorientierung – für unsere Vorfahren in grauer Urzeit war es wichtiger, das Rascheln eines Säbelzahntigers zu erkennen als die Schönheit einer Blume am Wegesrand. Das Negative, das Ungewohnte und das Risiko sollten auf jeden Fall vermieden werden, wenn man überleben wollte. Negative Gedanken oder gar Angst sind also nicht immer schlecht: Der Sprung vom Zehnmeter-Brett in ein leeres Schwimmbad ist keine wirklich gute Idee!
Ein Problem werden diese negativen Gedanken, wenn sie sich verselbständigen und zu mentalen Beschränkungen oder Blockaden werden. Wenn sie uns unabhängig von der jeweiligen konkreten Situation grundsätzlich behindern und immer mehr unser Leben bestimmen. Negative Gedanken basieren meist auf früheren negativen, ggf. schmerzhaften Erfahrungen, emotionalen Verletzungen, Traumata und ähnlichem. Sie werden Teil unseres Unterbewusstseins und damit zu permanenten mentalen Hindernissen, Blockaden, negativen Glaubenssätzen.
Zudem sind viele Hindernisse in unserem Leben lediglich der Spiegel unserer inneren (mentalen) Hindernisse, die uns jedoch nicht bewusst sind. Es sind unsere mentalen Beschränkungen und Blockaden. Sie verbergen sich oft hinter einer inneren Stimme unseres Egos, die wir alle unter Namen wie den „inneren Kritiker“ oder unseren „Saboteur“ kennen − oder von mir auch gerne unser „Meckeraffe“ genannt.
Dieser Meckeraffe ist diese innere Stimme, die uns – meist in ungünstigen Augenblicken − auf die Risiken einer Situation, auf unsere eigenen Unzulänglichkeiten und Ängste und unser mangelndes Selbstvertrauen hinweist – und meist den nötigen Mut zur Tat raubt. Und er hat noch eine ganz unangenehme Eigenschaft: Er möchte immer Recht haben. Er argumentiert jede Situation zu Tode und nimmt ihr die Luft zum Atmen. Er ist ein permanenter Pessimist und Angsthase. Er scheut jedes Risiko und auch die Übernahme von Verantwortung („ich habe es ja gleich gesagt, dass das nicht gut gehen kann“).
Der Meckeraffe sitzt auf unseren virtuellen Schultern und hat einen ganz bestimmten Wortschatz, den er uns permanent zuflüstert – und den die meisten von uns recht gut kennen: „Du darfst keine Schwäche zeigen“, „Sei perfekt!“, „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, „Du bist nicht gut genug.“, „Ach, ich arme Sau“, „Nur der Erfolg zählt“, „Du bist nicht liebenswert“, „Beeil dich!“, „Wir haben keine Zeit, Pause zu machen“, „Gefühle sind nur etwas für Schwache“, „Mach‘ es allen recht!“, „Trödel‘ nicht so!“, „Du bist unwichtig“, „Streng dich an!“, „Mach keinen Fehler“, „Vermassel‘ es nicht schon wieder!“, „Kriegst du denn gar nichts zustande?“, „Was sollen die andern sagen?“ Das Lieblingswort des Meckeraffen ist „ABER“, insbesondere in der Form: „Aber, das geht doch nicht – aber, was sollen die Leute denken − und überhaupt…“. Kommt Ihnen das alles bekannt vor?
Man kann unter diesen inneren Sabouteuren zwischen beschränkenden („Du kannst das nicht“) und antreibenden („Du musst immer gewinnen“) Imperativen unterscheiden. Es handelt sich um innerlich geprägte Denk- und Verhaltensmuster, die uns immer und immer wieder zu einem bestimmten Denken und Verhalten „zwingen“ bzw. von einem beabsichtigten Verhalten abhalten. Wir werden quasi zu „Robotern“, weil wir in unseren Denk- und Verhaltensmustern gefangen sind. Der Meckeraffe erzählt uns immer die gleichen Geschichten von Selbstsabotage. Wir werden dann zu übertriebenen Kopfmenschen ohne Gefühle, Opfern, Erfolgsjunkies, Controllettis, Erbsenzählern, Gefallsüchtigen, Angsthasen, Konfliktvermeidern usw.
Unser Meckeraffe ist ein Teil unserer unterbewussten mentalen und emotionalen Prägungen und oft verantwortlich dafür, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen, wenn wir versagen oder wenn wir wieder einmal anders gehandelt haben, als wir „eigentlich“ wollten. Der Meckeraffe wird zu unserem „negativen Bremser“. Sie glauben mir nicht? Denken Sie nochmals an die Eingangsgeschichte. Wäre der schmale Grat im Gebirge für Sie ein Problem? Die Antwort müssen Sie sich selbst geben. Rein physisch ist es die gleiche Herausforderung wie zuhause! Falls Ihre Antwort bzgl. des Grats im Gebirge anders ausfällt, dann hat das mit Ihrem Meckeraffen zu tun. Denn er wird Ihnen im Gebirge permanent zuflüstern: „Pass‘ ja auf und rutsch‘ nicht aus, sonst bist du tot“. Unser Meckeraffe raubt uns unsere entspannte Haltung, die wir zuhause auf dem Teppich einnehmen würden. Und unser Verstand allein ist dem Meckeraffen fast hilflos ausgeliefert, denn dieser schaltet den Verstand ein und aus wie einen Computer.
Und wenn Sie nun glauben, Sie seien völlig frei von einem Meckeraffen oder Saboteur, dann prüfen Sie sich künftig einmal selbst. Wenn Sie sich mehr als 15 Sekunden über einen Sachverhalt oder eine Person ärgern, raten Sie einmal, wer dann beginnt, sein Programm abzuspulen! Nein, das ist nicht die rote Ampel und auch nicht Ihre Chefin! Das ist − Sie erraten es schon: Unser Meckeraffe! Und dann geht es um Sie, nicht um Ihre Chefin oder die rote Ampel. Sie sind dann dabei eine Projektion auf Ihre Umwelt aufzubauen. Oder umgekehrt: Was ein anderer sagt oder tut, kann Sie nur dann aus dem Gleichgewicht bringen, wenn Sie das (meist unbewusst) zulassen. Eine harte, aber einfache Wahrheit, über die es sich lohnt, gelegentlich etwas länger nachzudenken.
Wie kommen wir nun mit unserem Meckeraffen ins Reine?
Eine Möglichkeit, unserem Meckeraffen auf die Schliche zu kommen, ist tatsächlich die Begegnung mit anderen Menschen. Auch alles, was uns an anderen Menschen stört, ist psychologisch in den meisten Fällen nur eine Projektion – und damit eine Einladung zu einer „kostenlosen Therapiestunde“: „Werfe ich dem anderen etwas vor, was ich selbst in mir trage oder sogar lebe?“ Oder: „Neide ich dem anderen etwas, was er hat oder kann, und was ich nicht habe oder kann?“ Verkrampfen Sie nicht – betrachten Sie es als Spiel! Wenn Ihnen nichts einfällt: Fangen Sie doch einmal mit Donald Trump an! Was hassen Sie an ihm am meisten?
Lassen wir uns ermutigen von Isabel Allende: „Du allein bist der Erzähler deiner Geschichte. Du hast die Wahl, etwas zu erschaffen, das größer ist als du selbst – oder nicht.“ Zunächst müssen wir alle akzeptieren, dass wir alle einen ganz persönlichen Meckeraffen haben. Wir sollten ihn nicht bekämpfen, denn er gehört zu uns. Wir können freundlich zu ihm sein, sollten ihn jedoch in schwierigen Situationen in seine Schranken weisen: „Ich sehe dich, aber jetzt gerade bist du nicht gefragt.“
Wie die Arbeit mit dem eigenen Unterbewusstsein konkret aussieht, muss jeder selbst für sich entscheiden und verantworten. Dafür gibt es ein mannigfaltiges Angebot auf dem Markt. Nicht jeder benötigt einen Coach oder eine Psychotherapie. Und nicht alles passt zu jedem. Ich möchte Ihnen hier nur Mut machen, sich solchen Wegen nicht zu verschließen, wenn Sie das Gefühl haben, irgendwie geht es in Ihrem Leben nicht oder nicht richtig weiter. Sie müssen nicht psychisch krank sein, um Kontakt mit Ihrem Unterbewusstsein aufzunehmen, im Gegenteil, ich glaube, dass die meisten Menschen ein besseres und erfolgreicheres Leben führen könnten, wenn sie bewusster mit sich umgehen würden. Irgendwo haben wir alle unsere Macken und Meckeraffen. Sie alle und ich auch.
Wenn Sie sich auf den Weg der Befreiung Ihres Unterbewusstseins begeben, bleiben Sie seriös. Durch ein paar „Umprogrammierungen“ des Unterbewusstseins mit zwei flotten Sprüchen (was im Internet und in der Literatur – vielfach auch unter dem Titel „Positive Thinking“ − angeboten wird) werden Sie selten wirklich weiterkommen. Eine wirkmächtige Therapie ist meist mit Ihren unbewussten Schatten und damit häufig mit Ihren verdrängten, meist schmerzhaften emotionalen Verletzungen verbunden. Denn verdrängte Gefühle und emotionale Verletzungen sind der ideale Nährboden für unseren Meckeraffen. Eine Auflösung wird daher häufig auch nur über diese emotionale Ebene möglich sein. Auch aus diesem Grund ist der Kontakt zu unseren Gefühlen so wichtig.
Für heute sind wir damit fast am Ende. Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.
Das Zitat stammt heute von Kurt Tepperwein:
„Erfolg ist im Grunde nichts anderes als die Überwindung der Angst vor dem Versagen.“
Und die persönliche Frage für Sie lautet:
Kennen Sie Ihren Meckeraffen und kommen Sie mit ihm klar?
Gehen Sie in sich und finden Sie eine persönliche Antwort!
Viel Spaß dabei!
In der nächsten Folge sprechen wir über die Macht unserer Gefühle. Ich verspreche Ihnen: Es wird spannend!
Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp
Dr. Thomas Kapp
Chopinstraße 23
70195 Stuttgart