Disziplin: Der unsichtbare Coach im Kopf
Disziplin bedeutet weit mehr als nur Ordnung und Strenge. Disziplin hilft uns, gute Gewohnheiten zu entwickeln und schlechte abzulegen. Durch Disziplin schaffen wir es, konsequent unsere Ziele zu verfolgen und ist somit ein unverzichtbarer Begleiter auf dem Weg zum Erfolg.
Erfahren Sie in dieser Folge:
- Warum Disziplin mehr als nur Einschränkung bedeutet und wie sie uns im Leben voranbringen kann.
- Wie die richtige Einstellung zur Disziplin unseren Weg zum Erfolg ebnen kann.
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Herzlich willkommen allseits. Ich begrüße Sie zu unserer neuen Folge von Startrampe Erfolg – Wo ist mein Zünder? Heute sprechen wir über Disziplin.
Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte:
Jordan Peterson erzählt von der schönen Geschichte, wie man einen Affen fängt. Man stellt ein schweres Fass mit einem Loch im Deckel auf. Das Loch sollte gerade so groß sein, dass der Affe seine Hand hindurchstecken kann. Dann legt man einige Leckereien für den Affen um das Fass herum und einige in das Fass hinein. Der Affe wird schließlich seine Hand in das Fass stecken, um die dort befindlichen Leckereien zu grabschen. Mit den Leckereien in der Hand ist diese aber zu dick, um sie wieder aus dem Fass zurückzuziehen. Nun kann man den Affen leicht fangen: Der Affe wird seine Hand nicht öffnen, um seine Beute loszulassen und sich in Sicherheit zu bringen. Er ist nicht bereit, ein kleines Opfer zu bringen, um etwas Grö-ßeres (hier seine Freiheit) zu erlangen.
Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?
Disziplin − wer kennt dieses Wort nicht aus seiner Kindheit und Jugend und wer bewertet den Begriff Disziplin nicht eher negativ? Der Begriffsursprung des Wortes „Disziplin“ lässt auch nichts Gutes ahnen. Wir denken an Ordnung, Erziehung, Zucht, Strenge, Unterricht, Lehrmethode, Unterweisung, Anordnung, Mahnung, geordnete Lebensweise, Strafe. Immer geht es um Einschränkung, Unterdrückung, Zurechtbiegen – alles spaßfrei. Das alles hat uns gerade noch gefehlt! „Disziplin“ ist in einer modernen Gesellschaft in Verruf geraten – doch leider nicht immer zu Recht.
Betrachten wir Disziplin einmal als Gewohnheit. Schon Aristoteles wusste: „Wir sind das, was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit.“ Disziplin wäre somit die Aneignung und Praktizierung von guten Gewohnheiten und das Vermeiden bzw. Abstreifen von schlechten Gewohnheiten. Disziplin ist also gar nicht so dramatisch, sondern „nur“ Gewohnheit – und damit wie ein Geländer auf unserem Weg zum Erfolg.
Caveat:
Wer diszipliniert ist, hat eine Gewohnheit, aber nicht jeder, der eine Gewohnheit hat, ist diszipliniert.
Der Autor Brian Tracy sagt: „Es ist schwierig, gute Gewohnheiten zu entwickeln, aber einfach, damit zu leben. Schlechte Gewohnheiten sind dagegen leicht zu formen, aber es ist schwer, mit ihnen zu leben.“
Gute Gewohnheiten ersparen uns viele Entscheidungen: Stellen wir uns einmal vor, wir müssten jeden Morgen neu entscheiden, ob wir uns die Zähne putzen oder nicht. Es gibt nämlich sicherlich Tage, an denen man dazu keine Lust oder Zeit hat. Dennoch putzen wir unsere Zähne morgens und abends automatisch, ohne jedes Mal das Pro und Contra abzuwägen und eine bewusste Entscheidung herbeizuführen. Oder stellen Sie sich vor, Sie müssten jeden Morgen einen quälenden Entscheidungsprozess durchschreiten, ob Sie ins Büro gehen oder nicht. Das wäre sehr anstrengend.
Gewohnheiten entstehen durch regelmäßige Wiederholung. Wie oft eine Handlung wiederholt werden muss, um zur Gewohnheit zu werden, ist nicht abschließend geklärt. Angeboten werden in der Literatur Zeitintervalle von 21 Tagen, 50 Impulsen, 66 Tagen bis zu 12 Wochen. Hier sollte man m.E. nicht allzu viel Mathematik betreiben. Nach meiner persönlichen Trainingserfahrung sind 50-60 Trainings- bzw. Wiederholungsimpulse nicht schlecht. Und wenn Sie über die Gewohnheit nicht mehr nachdenken, ist sie integriert.
Kommen wir zu den schlechten Gewohnheiten, die wir vermeiden oder abstellen wollen. Was wir als schlecht ansehen, müssen wir zunächst selbst definieren. Das reicht vom Schlafdefizit, Rauchen, Lügen, bei Rot über die Ampel fahren, dauerndes Dazwischenreden in Diskussionen, ungesundes Essen, zu viel Alkohol etc. Natürlich sind wir alle Menschen, und jeder hat ein paar schlechte Angewohnheiten. In unserem Kontext ist jedoch die Analyse wichtig, welche schlechte Gewohnheiten uns auf dem Weg zum Ziel – und damit zum Erfolg − schaden. Manche sind relevanter als andere. Fangen Sie erst einmal mit der wichtigsten schlechten Gewohnheit an!
Anders als bei den guten Gewohnheiten hilft uns beim Vermeiden oder Abstellen von schlechten Gewohnheiten allerdings die Regelmäßigkeit nur bedingt. Sie kennen sicher den Witz: „Rauchen aufgeben ist ganz einfach – habe ich schon 100-mal gemacht“. Mit Regelmäßigkeit wäre hier nicht viel erreicht. Wenn ich mir also vornehme, eine schlechte Gewohnheit zu vermeiden oder abzustellen, muss dies nicht regelmäßig, sondern permanent und konsequent erfolgen. Die Regelmäßigkeit bei guten Gewohnheiten transformiert sich bei schlechten Gewohnheiten zur Permanenz und Konsequenz, schlechte Gewohnheiten grundsätzlich zu unterlassen.
Warum ist Disziplin so wichtig für unseren Erfolg? Weil Disziplin den Unterschied macht. Disziplin ist eine der Grundlagen, um Spitzenleistungen zu erzielen. Wer sich mit erfolgreichen Menschen in Wirtschaft, Politik, Beruf, Sport oder Show Business befasst, wird feststellen müssen, dass alle auf „Disziplin“ nicht verzichten konnten. Ein ehemaliger DDR-Leistungssportler wurde einmal gefragt: „Wenn Sie zehn Einheiten trainieren, welches ist die wichtigste?“. Seine Antwort: „Die elfte“. Außerdem kennen wir alle die „Durchhänger“, die uns manchmal das Leben erschweren. Beim Marathonlauf berichten viele Läufer, dass sie zwischendurch eine „Erschlaffungsphase“ haben, in der nicht nur die Kondition, sondern auch die Motivation absinkt. In diesen Erschlaffungsphasen benötigen wir die Disziplin als zweite Stütze. Disziplin ist dann wie ein mentaler „Reservetank“.
Unter dieser Perspektive erhält die – oft so verhasste − Disziplin vielleicht ein etwas freundlicheres Gesicht: Sie hilft uns, „dranzubleiben“. Sehr viele Projekte scheitern im Leben daran, dass man frohgemut anfängt, aber nicht die Disziplin hat, etwas „durchzuziehen“. Wir springen als Tiger, aber landen im Käfig des Schweinehundes! Mit dem Schlüssel der Disziplin kommen wir aus diesem Käfig wieder heraus!
Und Disziplin erlaubt uns, ein Opfer zu bringen, um morgen umso mehr zu ernten. Die Eingangsgeschichte vom Affen ist dafür bezeichnend: Disziplin hätte uns Menschen in die Lage versetzt, die Leckereien loszulassen, Disziplin hätte uns Menschen in die Lage versetzt, die Leckereien loszulassen, um unsere Freiheit zu ernten.
Disziplin ist Üben
Wir haben gesehen, dass Disziplin mit Gewohnheit zu tun hat. Wenn ich besser werden und Erfolg haben will, ist die allerwichtigste aller guten Gewohnheiten das Üben. Die Frage nach dem Weg zum Erfolg beantworten fast alle Ratgeber wie folgt: üben, üben, üben. Nur wer trainiert, wird ein Routinier und Meister, egal, ob beim Musizieren, Sport oder im Beruf. Training ist oft langweilige Routine. Doch im Training und der ständigen Korrektur unserer Schwächen werden wir durch die ständige Wiederholung immer besser. Damit ist man kontinuierlich auf dem Pfad der Exzellenz. Sicher gibt es verschiedene Arten zu üben. Aber es ist noch nie behauptet worden, dass man ohne ständige Übung konsequent besser wird. Hier hilft uns Disziplin außerordentlich.
Disziplin ist die Grundlage von lebenslangem Lernen. Disziplin gibt uns die Möglichkeit, Fehler zu machen und diese dann zu verbessern. Abgesehen von den Möglichkeiten mentalen Trainings, lernen wir hauptsächlich durch das Tun. Dies gilt bei allen Tätigkeiten. Wir fangen klein an und steigern uns dann regelmäßig. Durch das Üben werden nicht nur unsere (geistigen oder körperlichen) Muskeln trainiert. Von den Neurowissenschaften wissen wir, dass jede Handlung unser Gehirn (ein kleines bisschen) verändert. Sie gehen auch davon aus, dass das Training die Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen verstärkt. Im Englischen sagt man „Neurons that fire together wire together“. Übersetzt: Neuronen, die zusammen feuern, verdrahten sich. Wir bilden in unserem Gehirn also täglich durch intensives und wiederholtes Denken, Fühlen und Handeln neue neuronale Strukturen. Andere nicht so intensiv genutzte neuronale Pfade verkümmern dagegen.
Disziplin wird vielfach so verstanden, dass sie etwas Unangenehmes ist, was man eben (widerwillig) akzeptieren müsse. Sieht man die oben beschriebenen positiven Eigenschaften der Disziplin, wird deutlich, dass dies in erster Linie eine Frage der Einstellung ist. Wenn wir erkennen, wie Disziplin unsere Möglichkeiten erweitert, unsere Leistungen verbessert und aus dem heutigen Verzicht bzw. Einsatz einen viel größeren Ertrag am morgigen Tage macht, bekommt die Disziplin am Ende vielleicht doch noch ein positives Gesicht für uns: Die Disziplin als Freund und Wegbegleiter − und nicht als Folterknecht! Das kann niemand verordnen – aber es lohnt sich eventuell, einmal darüber nachzudenken. Vielleicht wird dann Disziplin zur Fahrradkette unseres Erfolgs statt zum Schraubstock unserer Folterkammer.
Für heute sind wir damit fast am Ende. Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, liebe Leserinnen und Leser, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.
Das Zitat stammt heute von Jackson Brown:
„Talent ohne Disziplin ist wie ein Tintenfisch auf Rollschuhen. Er bewegt sich sehr viel, aber du weißt nie, ob es vorwärts, rückwärts oder seitwärts geht.“
Und die persönliche Frage für Sie lautet:
– Welche Rolle spielt Disziplin in Ihrem Leben?
Das war es für heute.
In der nächsten Folge am Mittwoch, den 8. Mai, sprechen wir über eine häufig als unbeliebt angesehene Kategorie des Erfolgs: Widerstandskraft.
Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp
Dr. Thomas Kapp
Chopinstraße 23
70195 Stuttgart