Du betrachtest gerade Folge 4 – Was unterscheidet Erfolg von Leistung

Erfolg – Zufall oder Leistung?

Manche meinen, zwischen Leistung und Erfolg besteht kein Unterschied. Mit diesem Thema beschäftigen wir uns in der heutigen Podcast-Folge.

Erfahren Sie in dieser Folge:

Ob es Erfolg auch ohne Leistung gibt

Ob es einen Unterschied gibt zwischen Erfolg und Anstrengung

Oder ist Erfolg am Ende doch nur Zufall?

Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte:

Die Freunde Max, Petra und Alex erreichen ihr Urlaubshotel in Palm Beach. Max trägt seinen schweren Koffer vom Erdgeschoss in das Zimmer im 4. Stock. Petra nimmt ihren Koffer und fährt mit ihm im Aufzug in den 4. Stock. Alex nimmt erst noch einen Drink an der Bar und lässt ihren Koffer vom Hotelpagen aufs Zimmer bringen.

Preisfrage: Wer hat etwas geleistet, wer hatte Erfolg?

Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?

Manche meinen, zwischen Leistung und Erfolg bestehe kein Unterschied. Das halte ich nicht für richtig. Denn Leistung führt nicht immer zu Erfolg, während ein Erfolg immer eine (objektive oder subjektive) Leistung voraussetzt.

Allerdings muss eine Leistung nicht notwendigerweise zum Erfolg führen. Entweder, weil wir ein angestrebtes Ziel verpassen und damit scheitern (also der klassische Misserfolg). Oder weil wir zwar objektiv eine gewaltige Leistung erbringen (z.B. den Mount Everest besteigen), aber subjektiv diese Besteigung gar nicht anstreben (weil sie uns nichts bedeutet). Dann läge zwar eine objektive Leistung vor, die für uns subjektiv keinen Erfolg darstellen würde. Der Grad einer objektiven Leistung korreliert also nicht mit dem Grad unseres persönlichen Erfolgs.

Leistung ist also keine Garantie für unseren Erfolg. Das ist wie mit einer Slot Machine im Kasino: Man muss Geld (sprich Leistung) einwerfen, um mehr Geld (sprich Erfolg) gewinnen zu können. Aber es kann auch sein, dass man Geld einwirft und verliert. Was jedoch nicht geht, ist Geld zu gewinnen, ohne eine Leistung zu erbringen.

Diese Abgrenzung zwischen Leistung und Erfolg ist keineswegs nur eine theoretische Spielerei: Wenn wir Leistung nur um der Leistung willen erbringen (und ggf. nur für unsere Quälerei nach Anerkennung streben), dann sollten wir aufhorchen. Dann wird Leistung absolut und wir erzielen keine subjektiven Erfolge mehr – und an Glück ist schon gar nicht mehr zu denken.

Gibt es nicht doch auch Erfolge ohne Leistung?

Das ist Definitionssache! Nach meiner Lesart setzt Erfolg immer eine Leistung voraus. Es mag Sie überraschen, aber ich betrachte auch z.B. gelebte Liebe, inspirierende Stunden mit einem guten Freund, ein freudvolles Spielen mit Kindern oder eine inspirierende Meditation als Erfolge an, welche immer eine Leistung voraussetzen. „Halt!“, werden Sie einwenden: Das hat doch nichts mit Erfolg zu tun, weil Liebe, Spielen und Meditation eben keine Leistung sind.

Sie haben recht, wenn man Leistung eng definiert. Wenn Sie jedoch „Leistung“ durch andere Begriffe wie „Geben, Engagement, Investition oder Hingabe,“ ersetzen, sieht das anders aus: Gelebte Liebe besteht aus (seelischem) Geben und Nehmen. Zeit mit Freunden oder Kindern zu verbringen, ist Engagement und Investition von Zeit. Und Meditation ist eine seelische Hingabe, die zum Erfolg von Meditation beiträgt. Auch bei diesen Beispielen leisten wir immer einen Einsatz, also eine Leistung im weiteren Sinne. In einer der nächsten Folgen werden wir allerdings sehen, dass das menschliche Glück nicht immer Erfolg voraussetzt und wir daher Glück auch ohne Erfolg, Einsatz und Leistung erleben können. Wir müssen also Glück, Erfolg und Leistung auseinanderhalten – oder wie sehen Sie das?

Gehen wir weiter: Gibt es auch einen Unterschied zwischen Erfolg und Anstrengung?

Es gibt eine Diskussion, ob Erfolg tatsächlich anstrengend sein muss oder ob er nicht vielmehr leichtfallen muss. Es gibt Spitzenleistungen, die ohne jegliche Anstrengung erzielt werden, so wie im Fall des Autisten Raymond in dem Film „Rainman“ mit Tom Cruise und Dustin Hoffman. Raymond erkennt sofort, nachdem in einer Bar die Dose mit den Zahnstochern heruntergefallen ist, dass es sich um 246 Stück handelt. Für die meisten Menschen wäre das eine enorme Leistung gewesen, für Raymond offenbar nicht, für ihn war es keine Anstrengung und wohl  auch kein subjektiver Erfolg.

Die Anstrengung als solche kann kein Gradmesser des Erfolgs sein: Wenn ich eine Stunde lang einen 20 kg schweren Koffer in der Hand halte und mich nicht bewege, habe ich mich zwar sehr angestrengt, aber hinsichtlich einer Veränderung meiner Situation nichts geleistet. Wenn Max seinen Koffer vier Stockwerke hochträgt, hat er sich auf jeden Fall angestrengt, wohl auch etwas geleistet und vielleicht sogar einen kleinen Erfolg erzielt. Aber er war nicht erfolgreicher als Petra, die den Fahrstuhl benutzte − ­im Gegenteil, Petra war cleverer und eigentlich erfolgreicher, weil das gleiche Resultat mit weniger Aufwand erzielt wurde. Alex hat ihren Aufwand noch weiter reduziert und war damit im Hinblick auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag am erfolgreichsten, obwohl sie sich gar nicht angestrengt hat. Ihre Leistung war mentaler Art und bestand in der Delegation von Arbeit. Somit ist eine belastende Anstrengung keine Grundvoraussetzung für den Erfolg – und schon gar nicht, wenn sich jemand „künstlich“ Hindernisse in den Weg legt. Das macht seinen Erfolg eher kleiner als größer.

Um Missverständnissen vorzubeugen:

Auch wenn es Erfolge ohne besondere Anstrengung gibt, gehen den meisten Erfolgen in unserem Leben jedoch meist längere Phasen der Anstrengung im Sinne von Energieaufwand, Konzentration, Üben, Ausprobieren, Schmerz und Durchhalten voraus. Wir können das z.B. bei vielen Sportlern, Schauspielern, Konzertpianisten und Politikern beobachten. Es wird auch für sie Momente geben, in welchen sie Aktivitäten auf dem Weg zu ihrem Ziel als belastend, langweilig oder schmerzhaft empfinden. Ein Konzertpianist muss auch an Tagen üben, an denen er keine Lust dazu hat, schlecht gelaunt oder erkältet ist. Wenn er nicht ausreichend übt, wird er nie die Spitze erreichen. Wir alle haben diese Erfahrung gemacht, wenn wir uns auf eine Prüfung vorbereiten mussten.

Eine große Rolle spielt dabei allerdings, wie wir diese Anstrengung subjektiv empfinden und bewerten. Unser Ziel nimmt Einfluss auf unser subjektives Empfinden bzw. Bewerten von Anstrengung. Wenn uns Bergwandern keinen Spaß macht, dann ist jeder Schritt einer Wanderung für uns eine Qual. Wenn unser größter Traum jedoch ist, den Kilimandscharo zu besteigen, dann hat jeder Schritt für uns einen Sinn. Wir bewerten dann die physische Anstrengung nicht als Qual, sondern als Schritt zu unserem Ziel, selbst dann, wenn unsere Schuhe mächtig drücken.

Fazit:

Anstrengung führt nicht immer zu einer Leistung, während Leistung nicht immer anstrengend sein muss. Leistung führt nicht immer zu Erfolg, während Erfolg immer Leistung voraussetzt. Oder anders formuliert: Wer sich anstrengt, leistet nicht immer etwas, und wer etwas leistet, erzielt nicht immer einen Erfolg. Aber wer einen Erfolg erzielt, hat zuvor immer etwas geleistet und sich in den meisten Fällen auch angestrengt, unabhängig davon, wie diese Anstrengung subjektiv empfunden wurde. Ich hoffe, damit sind alle Klarheiten beseitigt!

Und wie verhält sich Erfolg zu Zufall?

Zufall ist kein Erfolg. Zufall ist, was uns „zu-fällt“. Zufall ist ein nicht durch eine gezielte Handlung herbeigeführtes Ereignis. Zufall passiert einfach. Wenn es ein positives Ereignis ist, wird der Zufall zum Glücksfall (der berühmte „Sechser im Lotto“). Wenn nicht, dann wird meist eine Krise verschlimmert und der Zufall wird zum Schicksalsschlag. Beide Varianten sind jedoch weder Erfolg noch Misserfolg. Beim Zufall haben wir weder ein gesetztes Ziel noch ein gesteuertes Erreichen.

Und doch ist Zufall vielleicht nicht ganz außerhalb unserer möglichen Einflussnahme. „Glück hat auf die Dauer doch zumeist wohl nur der Tüchtige“, sagte der preußische General Helmuth von Moltke. Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass Zufall und glückliche Entwicklungen von unserer mentalen Einstellung bzw. unserer Tüchtigkeit positiv beeinflusst werden können. Damit würde Zufall quasi ein „Abfallprodukt“ unseres Strebens nach Erfolg werden. Wir können den Zufall nicht zwingen, aber wir können ihn vielleicht „einladen“. Dieser Aspekt wird heute unter dem Begriff „Serendipität“ diskutiert. Dabei geht es um eine Geisteshaltung, die „Zufälle“ provoziert. Dieser Mindset ist Menschen zu eigen, die experimentierfreudig sind und die Situationen aufmerksam beobachten und analysieren. Und insbesondere sind sie offen dafür, vermeintliche Fehlschläge und Krisen als Chance zu verstehen, statt sie mit großer Gefühlsaufwallung zu verdammen. Also ist Zufall vielleicht doch auch ein bisschen ein Erfolg? Schlafen Sie einmal darüber!

Für heute sind wir damit fast am Ende.  Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.

Das Zitat stammt heute von Kofi Annan:

Glück ist, das zu genießen, was man hat. Erfolg ist, das zu bekommen, was man will.

Und die persönliche Frage für Sie lautet:

Wie betrachten Sie das Verhältnis von Erfolg, Leistung und Anstrengung zueinander?

Gehen Sie in sich und finden Sie eine persönliche Antwort!

Viel Spaß dabei!

In der nächsten Folge sprechen über ein Mysterium, welches viele Menschen theoretisch untersucht haben und noch mehr Menschen in ihrem Leben verpassen: Was ist Glück?

Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp