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Die Geheimnisse eines kreativen Geistes

Steigen Sie ein in die faszinierende Welt der Kreativität. Begleiten Sie mich auf einer Reise durch das menschliche Genie und lassen Sie sich inspirieren, Ihre eigene Kreativität zu entfesseln.

Erfahren Sie in dieser Folge:

  • Warum Kreativität nicht nur das Schaffen von Neuem bedeutet.
  • Wie Kreativität und Neugier trotz ihrer engen Verbindung unterschiedliche Rollen in unserem Denken und Handeln spielen.

Sie haben Fragen und Anregungen?

Dann schreiben Sie mir gerne eine Nachricht an: thomas.kapp@allscout.de

 

Oder wenn Sie lieber lesen möchten, geht es hier weiter mit dem Text zum Podcast.

Wie immer beginnen wir mit einer Geschichte:

August träumte von einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz biss. In der Tiefe seines kreativen Unterbewusstseins entdeckte er etwas Bahnbrechendes. August war der deutsche Chemiker August Kekulé von Stradonitz, der Entdecker der chemischen Struktur des Benzolrings. 

Was bedeutet das nun für unsere Startrampe Erfolg?

In der letzten Folge haben wir uns mit Neugier als Erfolgsfaktor befasst. Was unterscheidet nun Kreativität von Neugier?

Kreativität ist wie Neugier eine grundlegende menschliche Begabung. Oft bedingen sich beide auch gegenseitig: Wer neugierig ist, wird mehr Anregungen erhalten, Neues zu schaffen. Wer Neues schaffen möchte, wird im Zweifel neugierig sein, um sich mehr Anregungen zu beschaffen, und meist ist er auch neugierig zu sehen, ob seine Kreation ihren Zweck erfüllt. Es gibt Berufe, in denen Neugier und Kreativität stufenlos ineinander übergehen: Journalist, Kriminalkommissar, Forscher, Rechtsanwalt etc. Trotz ihrer Verbundenheit unterscheiden sich Neugier und Kreativität in vier wichtigen Punkten:

  1. Kreativität ist die Fähigkeit, etwas Neues zu schaffen, was vorher noch nicht (oder nicht in dieser Kombination) vorhanden war. Neugier bezieht sich hingegen auf das Entdecken von Bestehendem (was allerdings bisher unbekannt war). Der Neugierige sucht nach neuer Erkenntnis, der Kreative schafft Neues. Der Neugierige stellt in Frage, der Kreative macht ein neues Angebot. Oder wie Picasso sagte: „Ich suche nicht – ich finde. Suchen – das ist Ausgehen von alten Beständen und ein Finden-Wollen von bereits Bekanntem im Neuem. Finden – das ist das völlig Neue! Das Neue auch in der Bewegung. Alle Wege sind offen und was gefunden wird, ist unbekannt. Es ist ein Wagnis, ein heiliges Abenteuer!“

  2. Kreativität erfordert − anders als die Neugier − eine Ausgangssituation, die aus irgendeinem Grund nicht als befriedigend empfunden wird: „Wahre Kreativität entsteht immer aus einem Mangel.“ (Wolfgang Joop) Die mangelnde Zufriedenheit ist die eigentliche Triebfeder für Menschen, kreativ zu werden: Unsere Vorfahren hatten Hunger und wollten Tiere jagen. Dazu mussten sie Waffen entwickeln. Manchmal sind Kreative auch nur bequem und möchten sich das Leben erleichtern: Der Flaschenzug ist bestimmt nicht von Leuten erfunden worden, die wahnsinnig gerne schwere Getreidesäcke in das Hochlager schleppten. Umgekehrt könnte man sagen: „Reichtum lähmt Kreativität“. Diese latente Unzufriedenheit bzw. Bequemlichkeit des Kreativen unterscheidet die Kreativität von der Neugier. Oder anders formuliert: Die Kreativen sind immer auch neugierig, die Neugierigen sind eventuell nur neugierig und nicht kreativ (denken Sie nur an die Gaffer beim Unfall auf der Autobahn).

  3. Kreativität wird nicht nur durch eine „Triebfeder der Unzufriedenheit“ gespeist, sondern bedarf auch einer Ausrichtung von Schaffenskraft in neue Bahnen. Kreativität findet immer außerhalb einer bestehenden Komfortzone statt. Wer seine Energie nur in alte, bekannte Bahnen lenkt, der „trainiert“ und wird ein Routinier, egal, ob beim Musizieren, Sport oder im Beruf. Aber er ist nicht kreativ.

  4. Kreativität ist immer dynamisch, sie hat immer mit dem Bestreben zu tun, die bestehende Situation (zumindest etwas) zu verändern und zu verbessern, während Neugier nicht immer etwas ändert. Der kreative Mensch geht damit häufig ins Risiko, wie Georg Christoph Lichtenberg trefflich feststellte: „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“

Warum ist Kreativität heute so wichtig? Hierauf gäbe es zahlreiche Antworten. Ich möchte mich hier auf zwei beschränken: Die individuelle und die kollektive Perspektive.

Die individuelle Perspektive

Kreative Menschen haben es in vielen Lebensbereichen leichter als andere. Sie suchen und finden Lösungen außerhalb ausgetretener Pfade. Sie sind besser im Improvisieren und lösen sich leichter von klassischen Denkmustern. Sie sind bereit für Neues und externe Impulse. Sie können sich Dinge auch ganz anders vorstellen und haben deshalb vielfältige Chancen, sich ständig weiterzuentwickeln, zu wachsen und damit eher Erfolg zu haben. In Zukunft wird die Entwicklung der Kreativität eine immer größere Rolle spielen, denn in unserer problembeladenen, schnelllebigen Zeit brauchen wir kreative Köpfe. Also Menschen, die Probleme als Herausforderung betrachten, Lust auf die Beschäftigung mit neuen Technologien entwickeln, bereit sind, bestehende Muster und Strukturen in Frage zu stellen und in vielen Lebensbereichen neue Wege zu beschreiten. 

Kreativität zeichnet den Menschen gegenüber Computern aus. Während auch bei Computern noch eine gewisse Schaffenskraft vorhanden ist, da sie in vielfältiger Weise „Rechenergebnisse“ produzieren, findet man eine wahre Kreativität nur beim Menschen. Computer können nur 1 oder 0 verstehen und rechnen im Rahmen ihrer Algorithmus-Programmierung ein abstrakt definierbares Ergebnis aus. Nur durch unser Bewusstsein können wir uns von einer bestehenden „Datenlage“ lösen und Neues schaffen. Kreativität ist ein Denk- bzw. Handlungsimpuls, dessen Ursprung wir nicht greifen können. Der Rechenprozess eines Computers hat hingegen immer einen greifbaren Ursprung, weil er neue Lösungen immer aus der vergangenen Werten „hochrechnet“. Werden Sie sich daher bewusst, welchen gewaltigen und einzigartigen Schatz Sie als Mensch in sich tragen: Kreativität.

Die kollektive Perspektive

Bereits in der letzten Folge haben wir gesehen, dass Neugier, Forschung und Innovationen in unserer Welt nicht mehr wegzudenken sind. Wir müssen innovativ sein, um die großen Probleme dieser Welt zu lösen. Dafür reicht aber Neugier nicht aus, weil nur der Kreative auch etwas Neues schafft. Kreativität ist somit das Einzige, was diesen Planeten retten wird, nicht der mangelgetriebene Verzicht und die Rückkehr in die Steinzeit. Die kreative Nutzung von z.B. Kernfusion und Quantenphysik wird uns deutlich mehr nutzen als die Rückkehr zur Wachskerze. Die Lösung für die Bewältigung von Problemen lautet regelmäßig „mehr Wissen, mehr Innovation“ und nicht „Wegducken, umfassender Verzicht und ignoranter Stillstand“. Die wesentlichen Entwicklungen der Menschheitsgeschichte basieren auf neugieriger Kreativität, auf der Suche nach besseren Lösungen. Kreativität steht also für Entdeckung, Erweiterung, Verbesserung, Dynamik und Veränderung. 

Dieser Drang zur Weiterentwicklung ist dem Menschen inhärent. Wir könnten uns einen Stillstand auch gar nicht erlauben. Einerseits würden wahrscheinlich unsere Volkswirtschaften kollabieren, andererseits müssen wir enorme weltweite Probleme (z.B. Gesundheit, Energieerzeugung, Verbesserung unserer Arbeits- und Lebensverhältnisse, (gesunde) Ernährung, Medizin, Künstliche Intelligenz, Klimawandel, Kommunikation, komplexe System-Steuerung, Mobilität, Quantenphysik oder Weltraumeroberung) lösen, was ohne Fortschritt nicht denkbar erscheint. Dass amerikanische und chinesische Unternehmen die Rankings der innovativsten Unternehmen der Welt unter sich aufteilen, zeigt sehr deutlich, dass wir in Deutschland und Europa keinen Grund haben, die Hände in den Schoß zu legen. 

Effektive Kreativität

Kreativität ist mehr als „Zu-fall“. Sie ist auch nicht manchen Menschen gottgegeben und andern nicht. Alle Menschen können kreativ werden. Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, wie man Kreativität und deren Entfaltung effektiv gestalten kann. Wir müssen uns klar machen, dass Kreativität nicht mit Denken gleichzusetzen ist oder gar das Denken uns kreativ macht. Kreativität kommt aus den Tiefen unseres Unterbewusstseins. Selbst herausragende Mathematiker und Genies wie Einstein sehen das Denken als den geringsten Teil ihres kreativen Erfolgs an. Von Niels Bohr wird berichtet, dass er sein Atommodell im Traum (andere sagen in einer Art Trancezustand) gefunden habe. Kreativität ist kein lauter, marktschreierischer Prozess, sondern die Entfaltung unseres Potenzials aus der inneren Stille heraus. Kreativität ist oft eine praktische Form von Meditation. 

Auch wenn sich manchmal Kreativität in einem „Geistesblitz“ manifestiert, sind viele kreative Ergebnisse das Ende eines mehr oder weniger strukturierten Prozesses, der vielfach in bestimmte Phasen unterteilt werden kann. Es gibt zahlreiche Techniken für die Strukturierung dieses Prozesses, die wir hier nicht vertiefen können. Sie alle schaffen jedoch allein keine herausragende Kreativität. Ohne unsere Achtsamkeit, Neugier, Motivation, Mut, Freude an Neuem und unsere manchmal harte Disziplin werden wir keine überdurchschnittlichen Ergebnisse erzielen. Erfolgreiche Kreativität ist daher meist eine Kombination aus Genie, Meditation, Prozess und Disziplin.

Zu guter Letzt: Melanie Brucks von der Columbia University in New York und Jonathan Levav von der Stanford University kamen im Rahmen einer in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass die Ideenfindung in physischer Präsenz besser funktioniert als im virtuellen Raum am Bildschirm. Der verengte Blickwinkel schränke (kreative) Assoziationen ein. Analoge Kreativ-Meetings sind also nach wie vor gefragt.

Für heute sind wir damit fast am Ende.  Wie immer gibt es für Sie noch zwei Impulse, ein Zitat und eine Frage zum Nachdenken.

Das Zitat stammt heute von Albert Szent-Györgyi:

„Entdecken bedeutet sehen, was jeder sieht und denken, was noch niemand zuvor gedacht hat“ 


Und die persönliche Frage für Sie lautet:

Wann waren Sie das letzte Mal kreativ? 


In der nächsten Folge sprechen wir über Potenzialentwicklung.

Bis dahin verbleibe mit den besten Wünschen, Ihr Thomas Kapp

Dr. Thomas Kapp

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